Eigentlich war alles ganz anders geplant. Ich traf mich mit den Führungskräften der oberen Leitungsebene zum 4. Termin eines Team-Coachings. Die Themen waren im Vorfeld abgestimmt und ich hatte mir einen roten Faden gestrickt. Alles war vorbereitet und die Materialien lagen bereit. Und doch stand da ein „Elefant im Raum“: „Vertrauensbruch!“

Es begann alles wie gewohnt

Wie immer starte ich mit einer Runde, in der alle Beteiligten eingeladen sind zu sagen, wie es ihnen aktuell geht. Die ersten Personen verwendeten Wörter wie „Gut“, „Hervorragend“…

Doch dann sprach eine Teilnehmerin aus, dass die Zusammenarbeit im Leitungsteam derzeit sehr schwierig ist, seit es zu einem Vertrauensbruch kam. Stille. Dann irgendwie Erleichterung und Anspannung zugleich. Eine Person hatte den Mut gefasst und das gesagt, was alle beschäftigte.

Und jetzt?

Dieser „Elefant im Raum“ veränderte alles.

Für mich war klar, dass es nun nicht mehr um die geplanten Themen gehen konnte und ich schaltete um in die Rolle der Konflikt-Klärerin.

Mein Grundverständnis

Seit meiner Weiterbildung im Schulz von Thun-Institut arbeite ich in solchen Situationen mit der Klärungshilfebrücke. Das gibt mir und allen Beteiligten Sicherheit und Struktur im Strudel der Emotionen.

Zunächst versicherte ich mich bei Allen, ob sie bereit sind, mit Hilfe meiner Moderation das Thema zu bearbeiten. Es gab bereits im Vorfeld mehrfach Gespräche in verschiedenen Konstellationen, um den Vertrauensbruch zu besprechen. Doch hatten diese nicht wirklich zu einer Klärung auf der Beziehungsebene beführt.

Sorgen Ernst nehmen

Eine Person äußerte mir gegenüber im kurzen 1:1-Gespräch, dass sie große Sorge hat, vor einem Tribunal vorgeführt zu werden. Ich versicherte ihr, dass ich genau darauf achten werde, wie die Kommunikation laufen wird. In meiner Allparteilichkeit ist es meine Aufgabe, Brücken zu bauen, für gegenseitiges Verständnis zu sorgen.

Schrittweises Vorgehen mit der Klärungshilfebrücke

Nachdem ich den Prozess anhand der Klärungshilfebrücke vorgestellt hatte, starteten wir mit der Phase der Selbstklärung. Alle Beteiligten erhielten ein leeres Flipchart und analysierten ihre Sicht mithilfe des Thomann-Schemas.

Dem Vertrauensbruch auf der Spur – Selbstklärung mit dem Thomann-Schema –

Ich finde diese Methode äußerst hilfreich. Denn es werden mehrere wichtige Facetten beleuchtet:

  1. Wie ist der systemische Kontext, in dem der Konflikt stattfindet?
  2. Welche konkrete Schlüsselsituation gab es?
  3. Wie sind meine Gedanken und Gefühlen?
  4. Welches Ziel möchte ich erreichen?
  5. Wie wäre eine treffende Schlagzeile für den Konflikt?

Grafik: Visualisierung des Thomann-Schemas

Als alle ihr Flipchart gefüllt hatten, stellten die Teilnehmenden sich gegenseitig ihre Sichtweise der Situation dar. Die anderen hörten zu, hielten dabei Blickkontakt und fassten hinterher kurz zusammen, was sie verstanden hatten, wie es der vortragenden Person geht.

Es kostete die Einzelnen stellenweise viel Überwindung. Es flossen Tränen. Und es war wie ein Ventil, dass geöffnet worden war, damit alles bislang zurückgehaltene endlich ans Tageslicht kommen konnte.

Meine Rolle im Prozess während der Selbstklärung

Ich selbst notierte mir parallel, in welchen Punkten es den Führungskräften allen gleich ging und welche Themen als kritisch im Verhalten angesehen worden waren.

Nachdem alle fertig waren, fasste ich die Gemeinsamkeiten zusammen:

  • Alle lieben ihre Arbeiten und möchten diese auch zukünftig machen.
  • Alle sind verunsichert, wie sie sich verhalten sollen.
  • Es sind Ängste da – was kann/soll/muss ich wem gegenüber sagen.
  • Alle fühlen sich sehr stark belastet und leiden unter der aktuellen Situation.
  • Und erst jetzt ist ihnen klar, wie es den anderen Personen wirklich geht.

Ich dankte allen für die große Offenheit, den Mut und das Vertrauen.

Pausen und verbindliche Weiterbearbeitung des Vertrauensbruchs

Nach diesem wichtigen Schritt der Selbstklärung und einer Pause, konnten wir über einzelne Punkte in den Dialog gehen. Da die Situation komplex ist, haben wir nicht alle Punkte final besprechen können. Aber die ersten konkreten Vereinbarungen sind getroffen und der Fortsetzungstermin zur Konfliktklärung ist in Planung.

Ein besonderes Ende

Am Ende kam die Person, welche zunächst so große Angst geäußert hatte noch einmal zu mir. Sie umarmte mich und bedankte sich.

Das hat mich tief berührt. Ich bin froh und auch stolz, hier etwas Positives bewirkt zu haben.

Gerne kontaktieren Sie mich, wenn auch Sie Unterstützung bei der Klärung eines Konfliktes haben.

Ihre Annelie Eichhorn-Adler

Hier bloggt Annelie Eichhorn
LinkedinXingInstagram

Mein Name ist Annelie Eichhorn-Adler.

Über 20 Jahre war ich selbst im Gesundheitswesen tätig – erst als Kinderkrankenschwester und später als Personalentwicklerin und Führungskraft in der Verwaltung. Ich habe Berufserfahrung im öffentlichen Dienst, an Hochschulen und arbeite branchenübergreifend als Coach, Trainerin und Moderatorin.

Die Themen Kommunikation, Zusammenarbeit und Führung lagen und liegen mir ganz besonders am Herzen.

Erfahren Sie mehr über mich.