Diese Woche freute ich mich wieder sehr auf eines meiner absoluten Lieblingstrainings. 5 Minuten vor Beginn der 2 Tage war alles vorbereitet: Die Flipcharts aufgehangen, der Beamer läuft und alle Materialien liegen bereits. Die ersten Teilnehmenden sind bereits da und machen es sich gemütlich. Da geht plötzlich die Tür auf und herein kommt für mich eine doppelte Herausforderung als Moderationstrainerin.

Welche Herausforderungen habe ich wahrgenommen?

Das Moderationstraining ist von mir so gestaltet, dass ich viele Inhalte mit Bildern auf Flipcharts visualiert habe. Auch gibt es viele Übungen, in denen die Teilnehmenden alle ihre Sinne mit einbringen. Gerade das Beobachten und Einsetzen von gezielter Körpersprache ist ein Schwerpunkt. Ebenso das eigene Gestalten von Flipcharts.

5 Minuten vor Trainingsbeginn kam eine kleine Gruppe herein: Tom mit seinem Blindenführhund Wanda und sein Assistent Alex (alle Namen geändert). Sie nahmen direkt vorne Platz und legten für Wanda eine kleine Felldecke auf den Boden, 1 Meter von mir als Trainerin entfernt.

Meine Augen weiterten sich und mein Herzschlag beschleunigte sich massiv. Ich lächelte freundlich und ging kurz vor die Tür. Was nun?

  1. Das Training war nicht auf die Bedürfnisse eines blinden Teilnehmers abgestimmt. Und ich ärgerte mich, dass ich nicht vorab darüber informiert worden war, um mich auf diese besondere Situation vorzubereiten und das Training in Ruhe anzupassen.
  2. Seit ich im Alter von 12 Jahren von einem großen Hund gebissen worden war, habe ich große Angst vor Hunden. Das hat nichts mit Denken zu tun. Ich spüre es direkt in meinem Körper aufsteigen.

Jetzt musste ich mich beidem stellen. Ich hatte noch 3 Minuten bis zum Trainingsbeginn.

Meine ersten Überlegungen

Als ich 25 Jahre alt war, gab ich mein allererstes Training, damals zum Thema: Aufgaben von Jugend- und Auszubildendenvertretungen nach dem HPVG. Damals hatte ich auch unerwarteter Weise einen blinden Teilnehmer (aber ohne Hund und Assistent). Die Lösung war, alle Unterlagen elektronisch zur Verfügung zu stellen, damit er es mit Hilfe seines Computers lesen kann. Und spielerische Übungen hatte ich angepasst, dass verstärkt die anderen Sinne genutzt wurden.

Diese Erinnerung half mir. Ich ging zurück in den Raum, stellte mich kurz Tom und Alex vor und sprach meine Herausforderungen direkt an. Ich schickt Tom meine Dateien (die Präsentation und auch Arbeitsblätter) per Mail zu, sodass er sie so nutzen konnte. Weiterhin bat ich um seine Unterstützung, wenn ihm etwas nicht deutlich genug erklärt schien.

Was Wanda betraf, sagte ich, dass ich es versuchen würde, mich meiner Angst zu stellen. Wie genau wusste ich noch nicht. Ich sagte mir: „Fang erstmal an mit dem Training und konzentriere Dich auf die Teilnehmenden anstatt auf den Hund!“

Mein Umgang mit der doppelten Herausforderung als Moderationstrainerin

Während des Trainings veränderte ich meine Kommunikation

👉 Ich achtete darauf, Aussagen wie „Wie ihr hier seht…“ durch andere Wörter zu ersetzen.

👉 Teilnehmende sprach ich mit ihren Namen an, damit Tom wusste, wer sprechen wird.

👉 Die Visualisierungen auf den Powerpoint-Folien und Flipcharts beschrieb ich ausführlich.

👉 Ich passte die Auflockerungeübungen an beiden Tagen zum Start und nach den Mittagspausen an.

👉 Ich ermutigte die anderen Teilnehmenden ebenfalls ausführlicher zu beschreiben, was sie visualisiert hatten.

Während des Trainings schaute ich immermalwieder zu Wanda hinüber. Der Hund lag ganz zufrieden auf seiner schwarzen Kuscheldecke. Ich dachte zu mir: „Eigentlich ein schöner Golden Retriever. Und er liegt da so brav und wartet auf seinen nächsten Einsatz. Er ist ja ein ausgebildeter Therapiehund. Der wird mir nichts tun.“ So wurde ich langsam gelassener.

Eine Hürde schien mir besondern hoch

Der Blick auf meinen Trainingsplan zeigte mir, am 2. Vormittags sollten alle Teilnehmenden zeichnen. Das Thema ist Bildsprache und die Gestaltung von Flipcharts und Pinnwänden. Aber wie integriere ich hier Tom? Er sollte ja auch etwas für sich mitnehmen.

In der Mittagspause von Tag 1 ging ich zu Tom und Alex und sprach das Thema direkt an: Was können wir tun, damit auch diese EInheit an Tag 2 für Tom sinnvoll ist? Hat er selber Ideen? Zunächst waren wir alle Drei etwas ratlos. Doch dann erinnerte sich Tom daran, dass er früher ein bisschen sehen konnte. Somit hat er noch ein paar Erinnerungen. Und er besitzt aus seiner Schulzeit vom Mathematikunterricht noch ein spezielles Zeichenbrett. Damit könne er zeichnen. Das war DIE Idee! Ich war so erleichtert und gespannt zugleich. Gleich bat ich Tom, dieses Zeichenbrett auf jeden Fall mitzubringen.

Gesagt – getan. Am nächsten Tag zeichneten ALLE Teilnehmenden und die Ergebnisse waren sehr ähnlich. Das Prinzip der Reduktion konnte von allen umgestetzt werden. Und am Ende entstanden tolle Flipcharts.

Meine persönliche Überwindung

Immer wieder wanderte Mein Blick zu Wanda. Wie nah kann ich diesem Hund kommen? Würde ich mich trauen, ihn zu streicheln? Ich erzählte Alex von meinen Gedanken. Und er bestärkte mich. So nahm ich in der letzten Pause an Tag 2 meinen Mut zusammen, kniete mich nieder und streichelte mit ängstlich-freudigem Blick das Fell von Wanda. Alex hielt das Ganze auf Foto fest. Und ich war super stolz, dass ich mich überwunden hatte.

Eine spannende Erkenntnis

Während dieser beiden Trainingstage versuchte ich viele Trainingsinhalte gegenständlich zu beschreiben. So stellte ich beispielsweise den Moderationszyklus als „Pizza“ mit verschiedenen Pizzastücken vor, welche die jeweiligen Moderationsphasen verkörpern sollten. Und in der Abschlussrunde berichteten gleich mehrere Teilnehmende, dass gerade die „Pizza“ für sie weitervoll war, da diese jetzt ihr Roter Faden durch ihre zukünftigen Moderationen ist.

Mein Fazit aus der doppelten Herausforderung als Moderationstrainerin

Mir ist es ein Anliegen, alle Teilnehmenden, egal welches Handicap sie vielleicht mitbringen, bestmöglichst zu integrieren. Und es ist wichtig, offen mit den eigenen Gedanken umzugehen und andere um deren Unterstützung und Ideen zu bitten.

Am Ende des Trainings war ich super glücklich: Alex und Tom hatten viel zum Thema Moderation gelernt. Und ich selber auch als Trainerin. Mit diesem Gefühl ging es für mich zurück nach Oberursel. Dort hatte ich am selben Abend im Rathaus noch eine Moderation mit ca. 100 Unternehmerinnen aus dem Hochtaunuskreis. Der perfekte Abschluss!

Gerne kontaktieren Sie mich, wenn auch Sie für sich und ihre Kolleginnen und Kollegen eine Moderatorin mit Empathie und Fokus suchen oder ihre eigenen Moderationskompetenzen in einem Training erweitern möchten. Ich freue mich auf unsere Zusammenarbeit!

Ihre Annelie Eichhorn-Adler

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Mein Name ist Annelie Eichhorn-Adler.

Über 20 Jahre war ich selbst im Gesundheitswesen tätig – erst als Kinderkrankenschwester und später als Personalentwicklerin und Führungskraft in der Verwaltung. Ich habe Berufserfahrung im öffentlichen Dienst, an Hochschulen und arbeite branchenübergreifend als Coach, Trainerin und Moderatorin.

Die Themen Kommunikation, Zusammenarbeit und Führung lagen und liegen mir ganz besonders am Herzen.

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